Welche Handwerker gab es in Renningen und Malmsheim
Wie in den meisten Dörfern in Württemberg war die Landwirtschaft jahrhundertelang die Existenzgrundlage der bäuerlichen Bevölkerung, bei uns vornehmlich der Ackerbau.
Die frühesten Handwerker wie der Schmied, der Wagner, der Küfer und der Zimmermann stehen in engen Zusammenhang mit der Landwirtschaft.
Für die Versorgung der Bevölkerung brauchte man Müller, Bäcker, Metzger und Weber. Die Weber webten meist nur in den Wintermonaten, wenn keine landwirtschaftlichen Arbeiten anstanden.
Bei den meisten frühen Handwerkern ist davon auszugehen, dass die Landwirtschaft der Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit war.
Wie groß war der Anteil der Handwerker in Renningen und Malmsheim in Bezug zur Bevölkerungszahl?
Da früher keine regelmäßigen Volkszählungen durchgeführt wurden, müssen wir auf andere Quellen zurückgreifen. Was wir wissen, erfahren wir über die Steuerlisten, sowie auch aus den Kirchenbüchern. Erst von 1834 an gibt es eigentliche staatliche Volkszählungen. Vor dem 15. Jahrhundert haben wir nur wenige Angaben.
Man kann aber versuchen, aus Listen verschiedener Art die Gesamtzahlen abzuleiten und sie mit anderen Orten zu vergleichen. So lassen sich aus den Musterungslisten von 1477 die Zahlen der „Herdstätten“ (Wohnungen) entnehmen – es waren in Renningen 102 und in Malmsheim 51. Für Renningen wissen wir zudem, dass es 1525 hier 98 Häuser gab, im Jahr 1550 bereits 113.
Eine gute Grundlage für statistische Erhebungen verschiedener Art sind die Steuerlisten. In der ältesten erhaltenen Schätzungsliste des Amtes Leonberg von 1470 werden für Renningen 127 steuerpflichtige Personen, darunter 9 Frauen, aufgeführt. Daraus lässt sich, wenn man die dafür entwickelten Forschungsmethoden anwendet – in Renningen auf eine Einwohnerzahl von etwa 500 schließen.
Bereits in den ältesten Lagerbüchern von 1350, 1356, und 1381 werden Handwerker in Renningen genannt, Hinweise darauf, dass es bereits eine gewisse Arbeitsteilung gab. Wir kennen von ihnen nur Namen und können sie überhaupt nur nachweisen, weil die Berufsbezeichnungen als Familiennamen dienten. Zahlenmäßig können wir keine Angaben machen.
Folgende Berufe waren vertreten: Bäcker, Metzger, Ölschläger, Scherer (Barbier), Schmied, Schneider, Schuster, Wagner und Weber. Für Malmsheim sind ein Schneider, ein Schuster und ein Wagner bezeugt.
Aus der Renninger Steuerliste von 1470 finden sich noch weitere Handwerker: Häfner, Bader, Steinhauer, Dachdecker, Zinngießer, Müller, Zeltmacher, Zimmermann, Kürschner und Feinbäcker.
Vom Ende des 15. Jahrhunderts an und vor allem im 16. Jahrhundert stiegen dann die Einwohnerzahlen in unserem Gebiet allgemein.
1525 gab es in Malmsheim 56 Haushalte, 1544 bereits 69, 1598 80, 1634 schließlich 100 Haushalte.
Ähnlich verlief die Entwicklung in Renningen. 1525 sind hier 104 Haushalte nachweisbar, 1544 124, 1598 gab es 152 Haushalte (darunter 33 Witwenhaushalte) und 1634 200 Haushalte.
Da durchschnittlich in einem Haushalt vier bis fünf Personen lebten, wuchs in Malmsheim die Einwohnerzahl von ungefähr 250 im Jahr 1525 auf ungefähr 450 im Jahre 1634, in Renningen von ungefähr 470 auf 900 Einwohnern.
Die Wirren des Dreißigjährigen Krieges, der auch in unserer Gegend gewütet hat, reduzierten zusammen mit den großen Pest - Katastrophen die Bevölkerungszahlen beträchtlich. Aus Malmsheim wissen wir, dass 1701 nur noch 363 „Seelen“ lebten.
Neben den eingangs erwähnten „alten Handwerksberufen“ werden im 17. Jahrhundert weitere Handwerker genannt:
Um 1600 gab es in Malmsheim drei Wirte, d.h. auf 30 Haushalte kam eine Wirtschaft.
Im selben Jahr ist in Renningen ein Glaser nachweisbar.
Für Renningen werden im Jahr 1655 folgende Handwerker mit ihren Tätigkeiten beschrieben: Die Schneider, Weber, Schuhmacher und Schreiner fertigten und reparierten Artikel des täglichen Bedarfs, die Wagner, Küfer. Sattler und Schmiede Dinge, die man für die Landwirtschaft benötigte, Schmiede brauchte man auch zum Beschlagen der Pferde. Die Zimmerleute bauten die Häuser, und die Müller und Bäcker stellten die Ernährung sicher. Die Weber webten meist nur in den Wintermonaten, wenn keine landwirtschaftlichen Arbeiten anstanden.
In Renningen sind das ganze 16. und frühe 17. Jahrhundert über Metzger nachweisbar. Metzger durften sich in Dörfern nur mit Genehmigung der Amtsstadt niederlassen, das zeugt von der Größe und Bedeutung des Ortes.
Auch war um 1600 ein Glaser nachweisbar.
Die Bezeichnungen „Fleckenschmied“ für den Inhaber der Schmiede und „Küchenbeck“ für den Inhaber der Backküche (Backhaus) weisen darauf hin, dass die wichtigen Handwerker in den Diensten der Gemeinde standen.
Im Jahr 1786 beklagten sich die Renninger Bürger, dass die acht Bäcker oft zu viel und an manchen Tagen gar kein Brot backten. Darauf befahl das Gericht, dass jeweils zwei jeden Tag in der Woche Brot backen mussten.
Das Weberhandwerk verbreitete sich in Renningen und Malmsheim nach dem Dreißigjährigen Krieg auffallend schnell. Es hatte seinen Höhepunkt besonders im 18. Jahrhundert und reichte noch weit ins 19. Jahrhundert hinein.
1731 gab es unter 63 Handwerkern in Renningen schon 13 Weber.
Und im Jahr 1833 gehörten zur Leineweberzunft 40 Weber aus Malmsheim.
Die Weber waren wie alle Handwerker zusammengeschlossen in einer „Zunft“, die von 1830 an ihren Sitz in Merklingen hatte.
Für Malmsheim wird für das Jahr 1731 gesagt, dass unter 98 Bürgern 28 Handwerker, darunter 9 Weber, außerdem 3 Wirte und ein Krämer gewesen seien. Eine Bevölkerungsliste, die die Zeit zwischen 1846 und 1858 zusammenfasst, nennt bei insgesamt 216 Familien neben 91, die als Bauern bezeichnet werden, oder bei denen kein Beruf genannt ist ,47 Weber, 14 Schuster, 9 Schneider, 8 Wirte, je 6 Bäcker und Wagner, 5 Schreiner, je 4 Zimmerleute, Schmiede und Müller, je 3 Küfer und Metzger, je 2 Maurer und Glaser, je einen Bierbrauer, Dreher, Sattler, Seifensieder, dazu noch einen Pfarrer, 2 Lehrer und einen Wundarzt.
Im Jahr 1884 meldete die Gemeinde Renningen zur gesetzlichen Krankenversicherung folgende Handwerker und Arbeiter an: 46 gelernte Steinhauer, 31 Steinbrucharbeiter, 50 Korsettweber in einer Fabrik, sechs Zimmerleute, fünf Bäcker, vier Schreiner, drei Bierbrauer, zwei Schäfer, zwei Metzger, einen Schlosser, einen Wagner, fünf Schuhmacher – also 155 als Handwerker ausgebildete Personen, die Landwirtschaft höchstens nebenher betrieben.
Die Renninger Handwerker genossen einen guten Ruf im ganzen Oberamtsbezirk, so dass sie auch auswärts Arbeiten durchführten. Beim Bau der neuen „Teutschen Schule“ in Leonberg im Jahr 1809 bewarben sich um ausgeschriebene Arbeiten die Renninger Maurer und Steinhauer, Zimmerleute, Schreiner, Glaser und Schlosser.
Das ausgehende 19. Jahrhundert brachte eine große Veränderung der Wirtschaftsverhältnisse sowohl in Renningen als auch in Malmsheim durch die im Dorf wohnenden aber auswärts beschäftigten Industriearbeiter, die sogenannten Pendler. Die Renninger hatten seit 1869 einen Bahnhof an der Schwarzwaldbahn Stuttgart – Nagold.
Diese Form des Erwerbs begann mit den Schuhmachern, die in den Schuhfabriken in Weil der Stadt und Leonberg beschäftigt waren. Sie steigerte sich nochmal gewaltig, als auch die Einrichtung einer Eisenbahnhaltestelle in Malmsheim 1894 die Bevölkerung näher an die rasch wachsende Industrie um die Landeshauptstadt Stuttgart heranbrachte. Während früher die nicht in der Landwirtschaft unterzubringende Teil der Bevölkerung wegzog, konnten die Leute nun im Dorf bleiben und hatten die Möglichkeit, mit ihren Familien nebenher die ererbten oder gekauften Äcker zu bewirtschaften.
So vermehrte sich die Zahl der Pendler in Malmsheim, die 1900 erst 22 betrug, 1910 auf 41 und 1925 auf 190. Somit stand ein volles Sechstel der Bevölkerung in dieser Weise in der Wirtschaft, von den überhaupt Erwerbstätigen gar ein Viertel.
In Renningen hatten sich um 1909 die Berufs- und Erwerbsverhältnisse ebenfalls stark verändert. Die Steinbrüche waren erschöpft. Kaum ein Jugendlicher ging zur Steinhauerei. Der Hopfenanbau, für den Renningen ein Zentrum war, hatte sich in den letzten Jahren kaum gelohnt. Der Anbau war fast um die Hälfte zurückgegangen. Ein Stamm solider Landwirtschaft erhielt sich noch, aber er konnte sich nicht ausdehnen. Gewachsen war nur die Zahl der Fabrikarbeiter. Am Ort waren vier Fabriken: zwei Bonbonfabriken, die sich kaum erhalten konnten, zwei Strickereien, die zwar gut florierten, aber mit ihren schlechten Löhnen wenig zum Gedeihen ihrer Arbeiterinnen beitrugen. Außerdem arbeiteten zwei Dampfsägereien, eine mechanische Schreinerei und eine Druckerei im Dorf. Ungefähr 100 Arbeiter gingen in die auswärtigen Fabriken und verteilten sich auf Arbeitsplätze zwischen Weil der Stadt und Stuttgart, so wie es auch für Malmsheim beschrieben wird. Ein Fünftel der Einwohner war 1919 auswärts beschäftigt.
Billig hergestellte Industriewaren verdrängten zunehmend handwerklich hergestellte Produkte. Handwerksbetriebe gab es natürlich in den beiden Orten nach wie vor, der Bedarf für die Landwirtschaft reduzierte sich aber; für die Versorgung der Bevölkerung waren Bäcker, Krämer, Metzger nach wie vor wichtig.
Berufe wie Weber, Schuhmacher, Küfer oder Schneider verloren ihre Bedeutung, Gleichzeitig entstanden aber neue Berufsfelder im Bereich der Dienstleistung: Frisöre, Bauzeichner, Bankbeschäftigte. Neue technische Entwicklungen brachten weitere Berufe wie Elektriker oder Mechaniker.
In Malmsheim (1251 Einwohner) und Renningen (2430 Einwohner) gab es 1937 jeweils eine Autoreparaturwerkstätte, Autovermietung, eine Gärtnerei und ein Geschäft für Aussteuer und Bekleidung. Renningen hatte einen Arzt, eine Eisenwarenhandlung, eine Nudelfabrikation und einen Uhrmacher.
Christa Scheck
Quellen: Höschele Chronik,
Karl Häfner Malmsheim, Heimatgeschichte eines schwäbischen Dorfes,
Renningen und Malmsheim, Eine Stadt und ihre Geschichte